„Das Ziel heißt ganz klar DP World Tour“
In Kenia war Yannick Schütz zuletzt einer der besten Deutschen. Tour-Karte hat er derzeit jedoch keine. Das soll sich bald ändern. Golf.de hat mit dem 26-jährigen Stuttgarter über Training, LIV, Reisestrapazen und mehr gesprochen.
Yannick, beim Turnier der DP World Tour in Kenia gehörtest du zu den besten Deutschen. Was bedeutet dieses erneute Top-25-Ergebnis für dich persönlich und deine weitere Saisonplanung?
Die Saisonplanung wird es zunächst nicht groß verändern. Ich hoffe natürlich, dass ich bei dem einen oder anderen Turnier der DP World Tour erneut eine Chance über eine Einladung bekomme, zumal ich zeigen konnte, dass ich mit den Jungs nicht nur mithalten, sondern auch vorne mitspielen kann. Im gesamten Verlauf war ich sehr nah dran an der Spitze und hatte auch noch Luft nach oben, wenn man die ganzen Reisestrapazen betrachtet. Für mich persönlich war das ein Wahnsinns-Start in die Saison, weil man auch zu Beginn eines Jahres nie genau weiß, wo man steht und wie weit das Spiel schon ist. Aber da hat sich meine intensive Vorbereitung in den USA und mit meinem Heimtrainer Marijan Mustac in Stuttgart ausgezahlt.
Was heißt das konkret? Wie und wo hast du dich auf 2024 vorbereitet?
Wegen meiner Zeit an der University of South Alabama habe ich nach wie vor sehr gute Kontakte dorthin, kenne die Trainer, Studenten. Deshalb habe ich fünf Wochen dort bei einer befreundeten Gastfamilie verbracht. So konnte ich nicht nur Kosten sparen, sondern auch bei deutlich besseren Bedingungen als in Deutschland mit sehr guten College-Golfern, zu denen ich nach wie vor tolle Freundschaften pflege, viel Golf spielen und mit guten Coaches trainieren. Daher kam ich diesmal sehr früh in eine Art Wettkampf-Modus.
Woran hast du in dieser Zeit vor allem gearbeitet?
Wir konnten intensiv an meinem kurzen Spiel arbeiten, was dort wegen der klar besseren Trainingsbedingungen sehr gut geht. Ich habe viel geputtet, was auch dort mehr bringt, denn die Grüns haben einfach eine ganz andere Qualität. Der größte Unterschied war vielleicht, dass ich schlicht extrem viel Golf gespielt habe. In der letzten Woche habe ich 80 Löcher gespielt, um mich mit Bedingungen und gewissen Situationen so viel es geht auseinanderzusetzen. Klar war das am Ende sehr kraftraubend, aber so kann man den Turnier-Rhythmus und die Müdigkeit am besten simulieren. Das gepaart mit dem Wettkampf mit den College-Spielern war sehr hilfreich und hat mich top auf das Turnier in Kenia vorbereitet.
Hast du auch im Equipment-Bereich etwas verändert?
Seit zwei Jahren arbeite ich mit Titleist zusammen, hatte mich im Vorjahr aber noch schwer getan, die richtigen Eisen zu finden. Ende der vergangenen Saison hatte ich Max Kieffers alte Eisen gespielt. Nun hat Titleist die neuen T100 herausgebracht, die für mich eine Art Game-Changer sind. Das war ein großer Schritt nach vorne, denn ich fühle mich pudelwohl mit diesen Eisen. Sonst habe ich wenig verändert. In Amerika hatte ich anfangs etwas Probleme mit dem Putter und dann einen ausprobiert, der bei meiner Gastfamilie in der Garage stand. Mit dem kam ich bestens klar, habe ihn mitgenommen und direkt in Kenia gespielt.
Du hast die Reisestrapazen vor und nach dem Event in Kenia erwähnt. Was war da los?
Das lief leider alles andere als rund. Es war ein Nachtflug und am Montagmorgen bin ich recht übermüdet in Nairobi gelandet, um direkt festzustellen, dass mein Golfbag nicht dabei war. Man hat mir zwar versichert, dass es am nächsten Tag kommen würde, dem war aber nicht so, weil man es nicht finden konnte. Am Dienstag habe ich die Proberunde gemeinsam mit Nicolai von Dellingshausen und dessen Schlägern gespielt, die meinen ziemlich ähnlich sind. Wir haben uns quasi ein Bag geteilt, was ganz unterhaltsam war. Nach zahlreichen E-Mails und Anrufen erfuhren wir, dass meine Tasche in Amsterdam lag. Am Mittwoch musste ich mir dann überlegen, mit welchen Schlägern ich das Turnier spiele und habe mir ein Set für die zweite Proberunde zusammengestellt: die Eisen von Philipp Katichs Caddy, von Max Kieffer einen Driver, von Nicolai von Dellingshausen ein Eisen 3 und von Freddy Schott einen Putter. Ein Geschäftskollege meines Vaters wohnt nicht weit weg vom Flughafen Amsterdam, ist dorthin gefahren, hat recherchiert und schließlich alles in die Wege geleitet, dass mein Bag dann doch in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag am Spielort ankam und ich meine eigenen Schläger hatte, was nach den ganzen Strapazen für Erleichterung gesorgt und sich sehr gut angefühlt hat. Die Rückreise war mindestens genauso spannend. Der Rückflug startete mit knapp eineinhalbstündiger Verspätung, was dafür gesorgt hat, dass wir unseren Anschlussflug in Paris verpassten. Die Airlines haben sich die Verantwortung hin- und hergeschoben. Nach sieben Stunden am Airport haben wir das dann in eigene Hände genommen, sind mit dem TGV nach Straßburg gefahren, wo wir nach 26 Stunden Reise abgeholt wurden.
Du hast in Kenia an der Spitze geschnuppert. Am Ende machen die Kleinigkeiten den Unterschied. Welche konkret?
Als ich mich in Kenia oben auf dem Leaderboard gesehen habe, dachte ich mir nach der ganzen Vorgeschichte schon ,hoppla, wie komme ich denn jetzt hier her?‘ Ich habe eigentlich nichts Besonderes gemacht. Man sieht aber dann doch, dass die Top-Spieler auf der Tour unfassbar adaptiv sind. Sie können sich gut und schnell an jegliche Situation anpassen. Auch der Wohlfühlfaktor spielt eine Rolle. Je öfter man dabei ist, desto mehr bist du an die ganzen Feinheiten und Kleinigkeiten wie beispielsweise die vielen Kameras gewöhnt. Am Ende des Tages putten die richtig guten Jungs meistens noch etwas besser und sind schärfer im Kurzspiel. Das macht vielleicht den Unterschied. Vom Ball-Striking her nimmt sich das nicht viel.
Wie bewertest du das neue Angebot durch LIV Golf?
Natürlich wird im Moment viel darüber geredet. Ich persönlich finde es immer gut, wenn mehr Geld im Golfsport steckt und da ist es mir auch egal, woher es kommt. Ich bin Golfspieler und kein Politiker. LIV Golf schaue ich aber selten bis gar nicht, sondern verbringe die wenige Zeit am TV eher mit Spielern wie Tiger Woods oder Rory McIlroy. Dennoch finde ich es eine gute Idee, auch wenn man aktuell leider eher den Eindruck gewinnt, dass es um Macht und Politik zwischen den Hauptakteuren der konkurrierenden Touren geht. Es sollten mehr die Spieler und das Spiel an sich im Vordergrund stehen – nicht die Eitelkeiten.
Wo steht Yannick Schütz in drei Jahren?
Das Ziel heißt ganz klar DP World Tour. Hundertprozentig. Ich setze mir eigentlich selten konkrete Ziele, was Turniere betrifft. Aber ich genieße aktuell Golf sehr und sehe einen klaren Fortschritt. Ich werde 2024 das eine oder andere Mal in der Bundesliga spielen, wobei der Fokus klar auf meiner Karriere liegt. Über Einladungen werde ich ein paar Mal auf der Challenge Tour aufteen. Meinem Management-Team von U.COM bin ich außerdem sehr dankbar. Die machen unfassbar viel für mich und es erst möglich, dass ich auf der DP World Tour abschlagen kann. Das sind Wahnsinns-Erfahrungen. Außerdem hat mir Max Kieffer den Weg in den Spitzensport geebnet. Er ist inzwischen zu einem engen Freund und Vorbild geworden. Zu sehen, was er als einer der besten deutschen Spieler anders macht, ist großartig für einen jungen Profi wie mich. Dank ihm fällt es mir leichter, auf der Tour Fuß zu fassen. Das ist sehr viel wert.